The Declaration of the International Network of people who use Illegal Drugs (In German)
Wir brauchen ein internationales Netzwerk Drogen gebrauchender Aktivist(inn)en!
Wir sind Menschen aus der ganzen Welt, die Drogen gebrauchen. Wir sind Menschen, die man ausgrenzt und diskriminiert, ins Gefängnis steckt, als „böse“, „gefährlich“ und „nutzlos“ bezeichnet und tötet. Es ist höchste Zeit, dass wir als Bürger/innen unsere Stimme erheben, unsere Rechte einfordern, unsere Belange selbst vertreten und unsere Selbstbestimmung und Autonomie erstreiten. Worum es uns gehen muss:
* Befähigung und Stärkung der Konsument(inn)en legaler und illegalisierter Drogen weltweit, damit wir überleben, als Menschen wahrgenommen und gehört werden und uns in alle Entscheidungen einbringen, die unser Leben betreffen
* Förderung des Verständnisses für unsere Erfahrungen und Lebensumstände; zu verdeutlichen sind insbesondere die schädlichen Auswirkungen der gegenwärtigen Drogenpolitik auf Drogenkonsument(inn)en wie auch Nichtkonsument(inn)en, wie sie auf örtlicher, nationaler, weltregionaler und internationaler Ebene zu beobachten sind
* Nutzung unserer eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse für die Aufklärung und Fortbildung anderer Menschen, vor allem unserer Peers und all derjenigen Mitbürger/innen, die das Thema Drogen betrifft
* Zugang zu bzw. Schaffung von Angeboten der Schadensminderung, dazu gehören Drogentherapien, angemessene medizinische Versorgung, legaler Zugang zu verschreibungspflichtigen Medikamenten (Originalstoffen), Vergabe von Konsumzubehör für Safer Use (einschließlich Spritzen und Nadeln) und Möglichkeiten der Entsorgung, Programme aufsuchender Peer-Arbeit, objektive Informationen über Drogen und deren Gebrauch, Drogenkonsumräume
* Anerkennung unseres Rechts auf evidenzbasierte, objektive Informationen über Drogen und über Schutzmaßnahmen hinsichtlich der möglichen negativen Folgen des Drogengebrauchs durch Schaffung eines gleichberechtigten Zugangs zu umfassender gesundheitlicher und sozialer Versorgung, zu angemessenem und bezahlbarem Wohnraum und zu Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten
* Unterstützung der bestehenden örtlichen, nationalen, weltregionalen und internationalen Netzwerke und Organisationen von Menschen mit HIV/Aids und/oder Hepatitis sowie anderer im Bereich Schadensminderung tätiger Gruppen; dabei ist sicherzustellen, dass aktive Drogengebraucher/innen auf allen Entscheidungsebenen einbezogen werden, in den Vorständen vertreten sind und für ihre Ausgaben, die aufgewendete Zeit und die eingebrachte Kompetenz angemessen entschädigt werden
* Anfechtung der nationalen Gesetzgebung und der Regelungen internationaler Konventionen, durch die den meisten von uns ein sicheres und gesundes Leben verwehrt wird.
Uns ist bewusst, welche Herausforderungen mit der Schaffung eines internationalen Netzwerks verbunden sind. Umso mehr sind wir gefordert,
* Vielfalt zu respektieren und wertzuschätzen, indem wir je unterschiedliche Lebengeschichten und -bedingungen, Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten anerkennen und das Netzwerk zu einem geschützten Raum machen – egal, welche Drogen die Einzelnen gebrauchen und wie sie diese gebrauchen
* über unsere Arbeit zu informieren, um Drogengebraucher/innen überall dort, wo es noch keine User-Organisationen gibt, zum Aufbau solcher Organisationen zu ermutigen und dabei zu unterstützen
* Toleranz und Zusammenarbeit zu fördern, indem wir eine Kultur der Einbeziehung und aktiven Beteiligung pflegen
* nach demokratischen Prinzipien zu handeln und Strukturen zu schaffen, die ein Maximum an Beteiligung an Entscheidungsprozessen ermöglichen – mit Blick vor allem auf diejenigen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung, ihres sozioökonomischen Status, ihrer Religion usw. besonders gefährdet sind, unterdrückt zu werden
* zu verhindern, dass Drogen gebrauchende Menschen inhaftiert werden; zugleich müssen wir uns dafür einsetzen, dass man bereits Inhaftierten das Recht auf Haftbedingungen zugesteht, die ihrer Gesundheit nicht schaden, ebenso das Recht auf Behandlung (einschließlich Drogentherapie), Zugang zu Mitteln der Schadensminderung (z. B. Spritzen und Nadeln, Kondome) und zu medizinischer Versorgung (sie sollte wenigstens der in Freiheit verfügbaren entsprechen)
* weltweit gegen Hinrichtungen von Drogen gebrauchenden Menschen und andere gegen sie gerichtete inhumane Maßnahmen zu protestieren.
Die Notwendigkeit, ein internationales Netzwerk zu schaffen, ist umso dringlicher aufgrund der Tatsache, dass unterdrückten Bevölkerungsgruppen immer nur dann Gleichberechtung zugestanden wurde, wenn sie sich selbst dafür eingesetzt haben. Gemeinsam wollen wir deshalb dafür kämpfen, dass die auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene bestehenden Drogengesetze und -Regelungen geändert werden, und dass eine von Moralismus, Stereotypisierung und Lügen gespeiste Drogenpolitik durch eine evidenzbasierte Drogenpolitik ersetzt wird, die die Menschenrechte und Menschenwürde respektiert
Der Internationales Drogen Gebrauchender Aktivist(inn)en
30 April 2006, Vancouver Canada